Freitag, 12. Mai 2017

Zukunftsfähigkeit und Potenziale von
Spieletechnologien und Kompetenzen

„Entweder Geld verdienen oder VR machen«,  so oder so ähnlich lauten Aussagen auf Konferenzen und Tagungen einiger Spieleproduzenten. Es ist richtig und nachvollziehbar, wenn sich die Game-Branche immer wieder auf ihren Kern konzentriert: die Entwicklung und Produktion von Unterhaltungsspielen.
Mit einem weltweiten Absatzmarkt von knapp 100 Milliarden EUR ist damit auch dokumentiert, dass dieser Unterhaltungsmarkt im Vergleich zu anderen Medienmärkten höchst relevant ist. Aber nur, weil sich mit Unterhaltungsmedien offensichtlich mehr Geld verdienen lässt, bedeutet es nicht, dass andere Geschäftsfelder ökonomisch uninteressant sind. Vor allem im Hinblick darauf, dass echte AAA-Produktionen in Deutschland derzeit eher unterrepräsentiert sind.
Das Modewort »Technologietransfer« fasst knapp zusammen, was man genauer als »Zukunftsfähigkeit und Potenziale von Technologien und -Kompetenzen« betiteln sollte. Während Begriffe wie »Serious Games« und »Gamification« schon seit geraumer Zeit Arbeitsfelder jenseits der klassischen Unterhaltungsindustrie benennen, werden indessen andere, möglicherweise deutlich spannendere Begriffe, kaum in der Spiele-Branche verortet. Was insbesondere damit zu tun hat, dass die Branche sich mit diesen Tätigkeitsfeldern öffentlich nicht gleichermaßen in Verbindung bringt.

Jenseits der Unterhaltungsgrenzen
Bemühen wir nochmal Serious Games: Überhaupt nur deshalb, weil Entwickler von Unterhaltungsspielen wissen, wie es gelingen kann, dass Spiele Unterhaltung sind und Spielfreude bereiten, können sie überhaupt wirkungsvoll sein. Denn das wissen Spieleentwickler genau – Serious Games müssen »engaging« sein: Spaß machen, das Lernziel vergessen machen, die eigentlich gewollte Kompetenzvermittlung »nebenbei« geschehen lassen. Darüber hinaus haben Technologie, Formate und Design von Computerspielen steigendes Potential für andere Anwendungsfelder: in Forschung, Entwicklung oder Produktion. Auch wenn VR und AR keine expliziten Entwicklungen aus der Branche darstellen, so ist diese gerade für diese Technologien Innovationstreiber und überdies ein neuer Absatzmarkt und somit ein nicht zu vernachlässigender Multiplikator. Selbst wenn diese Technologien letztlich überwiegend im B2B-Markt (außerhalb der Branche) nachhaltig eingesetzt würden und der Durchbruch im Consumermarkt nicht gelänge, werden innerhalb der Branchen unschätzbare Kompetenzen entstehen, die langfristig zusätzliche Erwerbsquellen erschließen können. Diese Innovationskraft der Branche, die weit über ihre eigenen Grenzen hinaus wirkt, wird jedoch im gesellschaftlichen Diskurs kaum reflektiert. 

Zeit, über den Tellerrand zu blicken
Im Diskurs wird zudem allzu oft aus den Augen verloren, dass neben der reinen Technik auch erhebliche Potenziale im Bereich der Visualisierung, der prozeduralen Generierung, aber auch in der Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten und dem Umgang mit Communities zu heben sind. Besonders Designaspekte wie Interfaces und User Experience Design sowie die Nutzung von Game-Design-Konzepten zur Optimierung der Zugänglichkeit und Nutzerführung sind für Anwendungen jenseits der Spielentwicklung adaptierbar.
All diese Anwendungs- und Themengebiete machen deutlich, dass Games-Technologien schon lange über den eigentlichen Unterhaltungsmarkt hinausgewachsen sind und dass sich andere Hochtechnologien auf Grund des in unserer Branche gesammelten Know-Hows stetig weiterentwickeln. Es ist an der Zeit, über die eigene Branche hinausgehende Geschäftsfelder zu entdecken und gemeinsam mit Forschung und anderen Branchen die Innovationskraft zu erhalten und weiter zu entwickeln. Vor allem anderen kann dies ein weiterer notwendiger Schritt sein, ein adäquates gesellschaftliches und politisches Selbstbewusstsein zu entwickeln.


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