Freitag, 12. Mai 2017

Zukunftsfähigkeit und Potenziale von
Spieletechnologien und Kompetenzen

„Entweder Geld verdienen oder VR machen«,  so oder so ähnlich lauten Aussagen auf Konferenzen und Tagungen einiger Spieleproduzenten. Es ist richtig und nachvollziehbar, wenn sich die Game-Branche immer wieder auf ihren Kern konzentriert: die Entwicklung und Produktion von Unterhaltungsspielen.
Mit einem weltweiten Absatzmarkt von knapp 100 Milliarden EUR ist damit auch dokumentiert, dass dieser Unterhaltungsmarkt im Vergleich zu anderen Medienmärkten höchst relevant ist. Aber nur, weil sich mit Unterhaltungsmedien offensichtlich mehr Geld verdienen lässt, bedeutet es nicht, dass andere Geschäftsfelder ökonomisch uninteressant sind. Vor allem im Hinblick darauf, dass echte AAA-Produktionen in Deutschland derzeit eher unterrepräsentiert sind.
Das Modewort »Technologietransfer« fasst knapp zusammen, was man genauer als »Zukunftsfähigkeit und Potenziale von Technologien und -Kompetenzen« betiteln sollte. Während Begriffe wie »Serious Games« und »Gamification« schon seit geraumer Zeit Arbeitsfelder jenseits der klassischen Unterhaltungsindustrie benennen, werden indessen andere, möglicherweise deutlich spannendere Begriffe, kaum in der Spiele-Branche verortet. Was insbesondere damit zu tun hat, dass die Branche sich mit diesen Tätigkeitsfeldern öffentlich nicht gleichermaßen in Verbindung bringt.

Jenseits der Unterhaltungsgrenzen
Bemühen wir nochmal Serious Games: Überhaupt nur deshalb, weil Entwickler von Unterhaltungsspielen wissen, wie es gelingen kann, dass Spiele Unterhaltung sind und Spielfreude bereiten, können sie überhaupt wirkungsvoll sein. Denn das wissen Spieleentwickler genau – Serious Games müssen »engaging« sein: Spaß machen, das Lernziel vergessen machen, die eigentlich gewollte Kompetenzvermittlung »nebenbei« geschehen lassen. Darüber hinaus haben Technologie, Formate und Design von Computerspielen steigendes Potential für andere Anwendungsfelder: in Forschung, Entwicklung oder Produktion. Auch wenn VR und AR keine expliziten Entwicklungen aus der Branche darstellen, so ist diese gerade für diese Technologien Innovationstreiber und überdies ein neuer Absatzmarkt und somit ein nicht zu vernachlässigender Multiplikator. Selbst wenn diese Technologien letztlich überwiegend im B2B-Markt (außerhalb der Branche) nachhaltig eingesetzt würden und der Durchbruch im Consumermarkt nicht gelänge, werden innerhalb der Branchen unschätzbare Kompetenzen entstehen, die langfristig zusätzliche Erwerbsquellen erschließen können. Diese Innovationskraft der Branche, die weit über ihre eigenen Grenzen hinaus wirkt, wird jedoch im gesellschaftlichen Diskurs kaum reflektiert. 

Zeit, über den Tellerrand zu blicken
Im Diskurs wird zudem allzu oft aus den Augen verloren, dass neben der reinen Technik auch erhebliche Potenziale im Bereich der Visualisierung, der prozeduralen Generierung, aber auch in der Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten und dem Umgang mit Communities zu heben sind. Besonders Designaspekte wie Interfaces und User Experience Design sowie die Nutzung von Game-Design-Konzepten zur Optimierung der Zugänglichkeit und Nutzerführung sind für Anwendungen jenseits der Spielentwicklung adaptierbar.
All diese Anwendungs- und Themengebiete machen deutlich, dass Games-Technologien schon lange über den eigentlichen Unterhaltungsmarkt hinausgewachsen sind und dass sich andere Hochtechnologien auf Grund des in unserer Branche gesammelten Know-Hows stetig weiterentwickeln. Es ist an der Zeit, über die eigene Branche hinausgehende Geschäftsfelder zu entdecken und gemeinsam mit Forschung und anderen Branchen die Innovationskraft zu erhalten und weiter zu entwickeln. Vor allem anderen kann dies ein weiterer notwendiger Schritt sein, ein adäquates gesellschaftliches und politisches Selbstbewusstsein zu entwickeln.


Dienstag, 17. Januar 2017

Ihr erbt das alles!

Ich denke, es wird allerhöchste Zeit, dass ihr, liebe junge Generation, der wir euch das alles vererben, euch fragt: wollt ihr dieses Erbe?
Ihr seid aufgewachsen (zumindest hier) in Frieden und vergleichsweise Wohlstand. Ihr habt den kalten Krieg nicht erlebt.
Ich wurde heute von einem jungen Menschen gefragt: habt ihr damals mehr Angst gehabt als wir heute?
Die Antwort war: ja. Ich hatte damals mehr Angst als heute. Der kalte Krieg, das eingeprägte Feindbild war sehr präsent. Falsch, aber präsent. Ich hab es gespürt, als wir zum ersten Mal in die DDR gefahren sind. Und im Alltag, in der Schule, in den Medien.
Im Vergleich zu der damaligen Angst habe ich heute vergleichsweise weniger (aber ich habe auch zugegebenermaßen heute weniger Lebenszeit übrig als damals).
Ehrlich gesagt: das was gerade passiert, ist für mich so skurril, dass ich es wahrscheinlich nicht 100% als real akzeptieren möchte.
Wir waren doch schon soweit, dass Vernunft und Gerechtigkeit, sowie jahrelange konstruktive Diskurse zu Themen wie Sexismus, Diskriminierung, Rassismus, Homophobie usw. für alle Menschen in der Gesellschaft ein selbstbestimmteres Leben und entsprechende Gesetze ermöglicht haben.
Ich möchte gar nicht darauf eingehen, bis wann Homosexualität bestraft wurde oder wie lang es her ist, dass Frauen ihren Mann um Erlaubnis fragen mussten, um arbeiten zu gehen ... aber so lange ist es nicht her. Das ist heute nicht mehr so, und ja: natürlich nicht, selbstverständlich nicht. Ihr, Jungen, wisst das nicht mehr. Eure Selbstverständlichkeit ist eine gerechte Gesellschaft. Und das ist gut so. Das ist sogar SEHR GUT so! Ich will euch eigentlich nicht daran erinnern, leider - wie mir scheint - wird es aktuell wieder ein Thema. Ich habe wirklich gedacht, das wäre durch und wir müssen über den längst abgehakten Mist nicht mehr reden. Leider zeigt die Welt gerade: nein, ist es nicht. Die Populismustendenzen zeigen: da gibt es noch welche, die sich die alten, ungerechten, archaischen, diskriminierenden, menschenverachtenden Zeiten zurück wünschen.
Was gerade passiert ist, dass all das gerade in Frage gestellt wird - und damit auch und vorallem die Freiheit und die Selbstbestimmtheit von jedem einzelnen.
Demokratie wird plötzlich als Mehrheitsrecht ausgelegt, der Schutz von Minderheiten: verpönt. Meinungsfreiheit bedeutet plötzlich, dass jeder jeden beschimpfen kann statt: Fakten checken und anderen Meinungen respektieren.
Demokratie bedeutet aber in erster Linie: es ist erstmal egal, wer gewählt ist, die Mitbestimmung des Volkes hört nicht an der Wahlurne auf. Demokratie bedeutet nicht: die Masse hat Recht. Sie bedeutet: Verantwortung zu übernehmen, auch und gerade für die Schwachen, auch und gerade für die Minderheiten, unbedingt für die Werte der Verfassung einzustehen, und ja: manchmal auch - wie im Fall Snowden - die Obrigkeit daran zu erinnern, dass auch sie sich an Gesetze zu halten haben, sogar: dass sie diese zu verteidigen haben. Das gilt für alle, nicht nur für die gewählten Politiker. Das gilt für jeden einzelnen.
Demokratie bedeutet NICHT: Einer ist gewählt von der Mehrheit, und der/die kann dann ein paar Jahre lang schalten und walten, wie es ihm/ihr gefällt. Demokratie bedeutet: es sind immer und jederzeit alle (Bürger..) in der Pflicht und der Verantwortung, für die Gesellschaft das Beste zu tun und zu erreichen. Demokratie bedeutet: Verantwortung hat jeder. Jederzeit. Aber: streiten, nicht haten.
Wir haben in der Vergangenheit ein Ausmass an Freiheit und Gerechtigkeit schaffen können, was historisch kaum, nein: wohl keine Vergleiche findet.
Irgendwie freut sich aber scheinbar kaum einer drüber, wenn man die Kommentare unter bestimmten Artikeln bei Facebook so liest ...ich kann das alles nicht zitieren, denn ich finde es als Mensch im höchsten Masse beschämend, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen das Ertrinken auf dem Mittelmeer gönnen, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen den Schutz, den wir bieten können, nicht gönnen, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen ihr nacktes Überleben nicht gönnen. Warum? Weil sie ihre Steuergelder nicht "für Fremde" ausgeben wollen. Diese zutieft menschen- und lebensverachtenden Aussagen in dieser Form jeden Tag auf Facebook lesen zu müssen, macht mich echt fertig. Mein Lebensmotto - gemäß Dürenmatt "Ich bin ein unverbesserlicher Philantroph" - habe ich vorher noch nie ernsthaft hinterfragt. Im letzten Jahr: mehrfach. Nein: Menschenverachtung wird nicht salonfähig, nur weil ein Menschenverachter jetzt Präsident wird. Aber ich möchte immer noch daran glauben, dass Menschlichkeit vorallem eins ist: etwas, das jeder - wie tief auch immer verborgen - in sich trägt und Moral etwas ist, das man weder kaufen noch wählen kann.
Wir (Älteren) sind in der Pflicht, unseren Kindern das zu erklären, was nie wieder sein darf und wie man es besser machen kann und es besser gemacht haben. Ihr Jungen, ihr seid nicht die Zuschauer, ihr erbt das alles! Was wir euch hinterlassen, damit müsst ihr leben. Deshalb: engagiert euch lieber heute als morgen, tretet für Werte ein, für Demokratie und Respekt. Ihr denkt doch ohnehin schon so: traut euch, das jetzt schon zu tun! Und wenn ihr Zweifel habt: fragt die Älteren, wie ihr heute verhindern könnt, was früher falsch gemacht wurde. Oder: was grade falsch läuft. Denn das tut es. Da läuft grade ganz viel falsch.

Dienstag, 19. August 2014

Rocket Beans TV @ Gamescom ist online - Mein Talk mit Budi beginnt bei 06:06 http://www.twitch.tv/rocketbeanstv/b/558313596

Donnerstag, 24. Juli 2014

Zum Thema Zukunft der Computerspiele durfte ich mit dem unglaublichen Andreas Garbe ein Interview führen im Büro unseres Start-ups Gentlymad - http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/sendung-verpasst/#/beitrag/video/2170312/Interview-mit-Prof-Breitlauch

Dienstag, 20. Mai 2014

"Ballern, zocken, blechen" - Nachtrag zur Sendung ZDF Info login




Ballern, zocken, blechen: Sind Games wirklich nur ein Spiel? 
Mein Nachtrag zu der Sendung ZDF Info login vom 14.5.2014.

"Bodenlose Frechheit"

Die Sendung beginnt mit der Frage, ob man in Deutschland mit einem durch Steuergelder finanzierten „Deutschen Computerspielpreis (DCP)“ ein so genanntes „Ballerspiel“ (Crysis 3)  nominieren oder gar auszeichnen könne. Diese Frage war angelehnt an Dr. Schiffers Einstiegsthese: 
„Im Grunde genommen ist es eine bodenlose Frechheit, die Spieleindustrie macht Unmengen von Geld mit Gewaltverherrlichung, und die Folgen trägt die Gesellschaft“. 

Ich werde an dieser Stelle noch nicht auf die Kulturdebatte eingehen, welche ja bisher noch kaum diskutiert wurde - darauf komme ich aber nochmal zurück.

Steuergelder für Games

Stattdessen eine kleine Rechnung:
In Deutschland werden ca. 3 Milliarden EUR für Computerspiele und Spieletechnologie ausgegeben [1]. Es existieren ca. 750 Unternehmen, in denen ca. 10.500 Menschen arbeiten [2]. Gehen wir konventionell gerechnet zunächst von geschätzt ca. 480 Millionen EUR Umsatzsteuer aus. Dazu kommen Unternehmenssteuern sowie die Lohnsteuer der beschäftigten Mitarbeiter. Dann ist eine gesamte Steuersumme, die in Deutschland durch Computerspiele und deren Entwicklung erwirtschaftet wird, von mindestens 500 Millionen EUR anzunehmen.
 
Der DCP wird mit einer Summe von knapp 200.000 EUR Steuergeldern unterstützt, der Rest wird durch die Verbände GAME und BIU getragen. Auch unter Berücksichtigung der im Vergleich mit der Filmförderung äußerst geringen Fördersumme von ca. 7 Mio EUR könnte man mit dem Steueraufkommen der Computerspielbranche den DCP jedes Jahr ca. 2.500 Mal ausrichten.

Der Hauptpreis – Bestes Deutsches Spiel – ist dabei mit 50.000 EUR dotiert, davon sind 25.000 EUR aus Steuergeldern finanziert. Das ist 1/20.000stel dessen, was an Steuergeldern durch Konsum und Entwicklung von Computerspielen generiert wird, also 0,005% des ausschließlich durch die Gamesbranche generierten Steueraufkommens.

Wenn sich also jemand darüber aufregt, dass unsere Steuergelder für Computerspiele verschwendet werden, läßt sich dies ganz eindeutig wiederlegen. Die Gesellschaft profitiert sehr deutlich auch finanziell von Computerspielen. Die so genannten „Gegner“ nutzen das Argument "meine Steuergelder" offenbar sehr gerne, weil es ein typisch populistisches ist, genau wie das, Computerspielehersteller würden viel Geld verdienen, aber für die  wie sie sagen "Schäden" nicht aufkommen.

Schäden? Welche Schäden?

Nun ist es so, dass wir in Deutschland ein hervorragendes Jugendschutzgesetz haben, die USK vergibt in einer breit gefächerten Expertenkommission Altersfreigaben. Spiele für Erwachsene werden mit einer entsprechenden "USK 18“er Kennzeichnung versehen. Dennoch, so wird immer argumentiert, das alles nütze ja nichts, weil sich Eltern einfach nicht daran halten. Sprich: die Spieleindustrie soll sich darum kümmern, dass Spiele ab 18 nicht in die Hände Minderjähriger  gelangen. 
Ich frage mich, wie das funktionieren soll. Ein entsprechendes Gesetz käme einer Entmündigung der Erziehungsberechtigten gleich. Und die Frage ist: wollen wir unsere Kinder kontrollieren oder erziehen?
Und ein Verbot aller 18er Titel käme einer Entmündigung der Erwachsenen (Spieler) gleich. 
Und letztlich – und das ist der eigentliche Punkt – lässt sich ein Schaden gar nicht ausmachen. Studien belegen weder eine erhöhte noch eine verringerte Gewaltbereitschaft durch Computerspiele. Das Argument, viele Studien zeigen, dass zu viel Spielen zu schlechten Schulnoten oder gar Abhängigkeit führe, ist schlicht falsch. Hier werden Ursache und Wirkung miteinander vertauscht. Es stimmt, dass weniger Zeit für Hausaufgaben bleibt, wenn man spielt - ebenso wenn man in einem Sportverein aktiv ist, lieber mit Freunden rausgeht, ein Buch liest (ich bin übrigens noch nie jemandem begegnet, der sich den ganzen Tag auf die Hausaufgaben freut - was für mich die Frage aufwirft, warum Hausaufgaben nicht so gestellt werdenkönnen, dass sie Spaß machen und dadurch nachhaltig wirken).
Zu einer problematischen Mediennutzung kommt es immer erst dann, wenn im Alltag etwas nicht stimmt. Die Korrelation zwischen den von Burn-out, Magersucht und Depressionen betroffenen Jugendlichen und damit einhergehenden Rückzugstendenzen ist in der Altersklasse 15-18 sehr auffällig. Eltern und häufig auch das belohnungsverweigende Schulsystem fordern von ihren Kindern Leistung im Sinne von Lernleistung.

Warum wird immer nur Leistung gefordert, nicht aber das Lernen gefördert?

Spiele sind der natürlichste, der beste Weg zu lernen. Pädagogen wissen das schon lange, gar der Computerspielkritiker Dr. Spitzer ist davon überzeugt, dass Spielen an sich den Lernerfolg und das soziale Umfeld stärkt [3]
Wenn Frau Schiffer von „Frustrationstoleranz“ („Das Leben ist nun mal nicht so“) spricht und Herr Möller davon abrät, mit seinen Kindern zusammen zu spielen, zeigt diese Haltung eher eine pädagogische Auffassung nach dem Prinzip des "Nürnberger Trichters". 

Wirkungen, die tatsächlich nachgewiesen sind, lassen indes ein ganz anderes Bild sichtbar werden. Interessanterweise sind einige dieser Studien sogar ursprünglich angetreten, die negativen Wirkungen von Computerspielen zu belegen, wie beispielsweise eine Studie der Charité, die die negativen Auswirkungen von Vielspielen in Bezug auf Abhängigkeit untersuchen wollte. Das Ergebnis hier war überraschend: Vielspieler zeigen eine signifikant höhere Intelligenz als Nichtspieler. Weltweit häufen sich die Studien, die positive Wirkungen von Computerspielen belegen. Dabei geht es nicht etwa nur um Serious Games, sondern auch um Unterhaltungsspiele, die kognitive und motorische Fähigkeiten schulen, Unterstützung anbieten im sozialen Umfeld oder in der Medizin. Die Gesellschaft profitiert also nicht nur finanziell, sondern auch in den Bereichen Bildung und Therapie.

Zahlreiche Studien (s.u.) belegen,
  • dass Computerspiele die Intelligenz steigern
  • dass sie Koordinationsfähigkeiten, logisches und räumliches Denkvermögen stärken, 
  • Motorik und soziale Kompetenzen sowie Problemlösungskompetenz unterstützen sowie
  • in vielen unterschiedlichen therapeutischen Problemfeldern relevante Unterstützung bieten, und
  • dass Spielen der effektivste und nachhaltigste Lernprozess ist: sowohl seitens der intrinsischen Motivation als auch aufgrund des Feedbacksystems
Die Gründe hierfür sind:
  • (Gute) Spiele belohnen nicht „sofort“, sondern erst, nachdem eine Herausforderung bewältigt, ein Problem gelöst wurde. Somit belohnen Spiele erfolgreiche Lernprozesse. 
  •  Spiele bieten einen geschützten Raum, in dem der individuelle Lernrhythmus berücksichtigt wird im Gegensatz zu typischen Schulsituationen, in der alle Schüler immer auf demselben Stand sein müssen (für die, bei denen das nicht der Fall ist, tritt erst Frust ein, im Zweifel Scham und schließlich Verweigerung). Ein Rückzug in virtuelle Welten ist häufig die Folge, gleichermaßen als Eigentherapie.  
  • Spiele sind auch Erholung, sie dürfen auch einfach unterhalten. Das ist wichtig, die meisten Kinder haben Terminkalender wie ein Staatsminister.
  • Probehandeln im Spiel bedeutet: ich kann so lange üben, bis ich die Herausforderung bestehe, ohne Konsequenzen im richtigen Leben zu fürchten. 
  • Gerade für den Lernprozess ist es wichtig, dass die Entscheidungen im Spiel keine Konsequenzen im echten Leben haben. Denn gerade weil im Spiel Dinge immer und immer wiederholt werden, werden sie trainiert.
  • Mit Spielen kann man selbst wirksam werden: der Spieler kann sofort und aus dem System heraus erkennen, welche Wege eher zum Ergebnis führen als andere. Das schafft Selbstbewusstsein, denn die Entscheidungen, die der Spieler trifft, wirken umgehend.
  • Selbstwirksamkeit im Spiel bedeutet: der Spieler kann erkennen, was die richtige Strategie ist und ist nicht vom Urteil anderer abhängig
 Dabei sollte man bedenken:
  • Das Erlernen von "Frusttoleranz" als Vorbereitung für das „richtige“ Leben führt nicht zu besseren Noten oder Leistungen, sondern zu besserer Anpassung ("wenn man immer wieder Nächstenliebe predigt, lernt man predigen, nicht Nächstenliebe")
  •  Burnout in Schulen: Kinder sind in klassischen Lernsituationen häufig über- und gleichzeitig unterfordert. Grund sind Mobbing und Schulstress: das Gefühl, dass man den Anforderungen nicht genügt, bloßgestellt wird (häufig auch von Lehrern), nicht „funktioniert“ 
  • Gefahr der Abhängigkeit entsteht aus dem ständigen Erleben von Frustration. 
Bildschirme als Kriterium 
Schließlich bleibt die Frage: Warum sollten Computerspiele schlechter sein als Brett- oder Kartenspiele? Die Aussage „Medienkompetenz beginnt mit Medienabstinenz“ von Möller impliziert sicher nicht, dass er keine Kinderbücher im Kinderzimmer sehen will. 
Er meint Fernsehen und Computer. Medien, die einen Bildschirm besitzen. Medien sind demnach nur schlecht, wenn sie einen Bildschirm haben. Man kann das sicher diskutieren, jedoch müsste die Argumentation dann ganz anders verlaufen und die entsprechenden Studien dazu ebenfalls: nämlich, dass ein Medium nicht aufgrund der Inhalte, sondern ausschließlich aufgrund des Bildschirms schädlich sind. Die Untersuchungen über gesundheitliche Probleme durch Bildschirme geben da leider nicht viel her. Aber letztlich ist das ja nicht die Debatte, die geführt wird.

Medienabstinenz
Ich frage mich nur, warum die "Medienabstinenzler" Schiffer und Möller sich vor eine Fernsehkamera stellen. Genauso wie übrigens auch Spitzer und Pfeiffer das immer sehr gerne tun. Wenn dann begründet wird: „Ich bin ja auch erwachsen und kein Kind mehr“ (oder gar bei Spitzer: „wenn sie mir zuschauen, lernen sie ja noch was“) könnte man folgern: 
  • Ein Medium ist nicht unbedingt zu kritisieren, wenn es sich an Erwachsene richtet, im Gegenteil,
  • es ist sogar zum Lernen geeignet, wenn der Inhalt entsprechend ist. 
Gemeint ist jedoch anscheinend: Bildschirmmedien sind nur dann gut, wenn ihre Gegner sich dort mitteilen können, alle anderen Inhalte sind verwerflich. 

Bildschirmmedien wirken möglicherweise anders, weil die Inhalte auf eine andere Art dargestellt werden als durch Bücher oder Brettspiele. Die „klassischen“ Medien abstrahieren in der Regel stärker von der Realität als Bildschirmmedien. Computerspiele sind in der Darstellung häufig realitätsnaher durch eine gewisse visuelle Authentizität, ähnlich wie Film oder Theater. Die dadurch bedingte unterschiedliche Aneignung von Inhalten zu untersuchen wäre eine interessante Diskussion. 
Die läßt sich aber mit Medienkritikern, die die betreffenden Medien gar nicht kennen, nicht führen. Schiffers Analogie dazu lautet: "Muss ich ein Buch geschrieben haben, um über Bücher reden zu dürfen?" Natürlich nicht - jedoch kann man schwerlich sinnvoll über Bücher sprechen, ohne je welche gelesen zu haben. Und auch Computerspiele lassen sich nur glaubwürdig kritisieren, wenn man sie gespielt hat.


Spielen für eine bessere Welt

Sicher auch aufgrund dieser nicht enden wollenden Diskussionen fällt der Entwicklerstandort Deutschland mehr und mehr zurück. Forschungen zu Potenzialen werden deutlich zu wenig unterstützt.
Computerspiele sind nicht nur Kulturgut, sie unterstützen Lernprozesse nachhaltig und unterstützen bei Therapien. Ich rufe dazu auf, Wirkungen nicht einfach anhand eines Genres zu unterstellen, sondern stattdessen sachlich anhand von Fakten über die Qualität der Inhalte diskutieren. Debatten sollte man vielmehr führen über erzählerische und ästhetische Qualitäten, Gesellschaftskritik in Spielen, sinnvolle Technologien und -transfers, Bildung und Ausbildung. Und über die Förderung von Gründern, die neue Impulse geben und Innovationen schaffen.

Computerspiele sind eine Kunstform, dessen tieferen Wert man nicht an der Altersfreigabe erkennen kann. 

Studien (Auswahl):
  • Charité/ IMAGEN Consortium: The Neural Basis of Video Gaming, (2011)
  •  Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin: „How video gaming can be beneficial for the brain”, (2013)
  •  Lenhard, Alexandra/Lenhard, Wolfgang: »Computerbasierte Intelligenzförderung mit den ›Denkspielen mit Elfe und Mathis‹ – Vorstellung und Evaluation eines Computerprogramms für Vor- und Grundschüler«, in: Empirische Sonderpädagogik Nr. 2 (2011)
  • Li, Renjie/Polat, Uri/Makous, Walter/Bavelier, Daphne: »Enhancing the Contrast Sensitivity Function Through Action Video Game Training«, in: Nature Neuroscience Nr.12 (2009)
  • University of Leiden: "DOOM'd to Switch: Superior Cognitive Flexibility in Players of First Person Shooter Games" (2010)
  •  University of Rochester: „Improved probabilistic inference as a general learning mechanism with action video games" (2010)
  • California State University: “The impact of computer use on children's and adolescents' development” (2001)
  • Ohler, Peter. N.: »Was lässt sich beim Computerspielen lernen? Kognitions- und spielpsychologische Überlegungen«, in: Rudolf Kammerl (Hg.), Computerunterstütztes Lernen, München: Oldenbourg Verlag (2000)
  • Gebel, Christa: »Lernen und Kompetenzerwerb mit Computerspielen«, in: Bevc, Tobias/ Zapf, Holger (Hg.), Wie wir spielen, was wir werden. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft (2009)
  •  Baranowski, Tom/Buday, Richard/Thompson, Debbe I./Baranowski Janice: »Playing for Real: Video Games and Stories for Health-Related Behavior Change«, in: American Journal of Preventive Medicine Nr. 34/1 (2008)
  •  Wittman, Grace: »Video Gaming Increases Physical Activity«, in: Journal of Extension Nr. 48/2 (2010) 
  •  Lieberman, Debra. A.: Health Education Video Games for Children and Adolescents: Theory, Design and Research Findings. Jerusalem: Paper presented at the Annual Meeting of the International Communication Association (1998).





[1]Für die Spiele selbst (Software), sowie Konsolen und andere Hardware, hinzukommen Umsätze aus dem Bereich Serious Games, Technologietransfer und Werbung in Apps, die nur ungefähr zu beziffern sind. Siehe u.a. GAME, http://www.pcgames.de/Spielemarkt-Thema-117280/News/Spiele-2-65-Milliarden-Euro-Umsatz-machen-Deutschland-zum-groessten-Markt-in-Europa-1113746/ und BIU, http://www.biu-online.de/de/presse/newsroom/newsroom-detail/datum/2014/03/05/neue-konsolen-sind-wachstumsmotor-fuer-den-markt.html,
[2] In den Bereichen Entwickler, Publisher, Dienstleister usw. siehe BIU, http://www.biu-online.de/de/themen/standort-deutschland/games-industrie.html, 19.5.2014
[3]  Manfred Spitzer: „Im Spiel lernen Kinder sowohl, sich an Regeln zu halten als auch sie gemeinsam mit den Mitspielern zu verändern. Sie üben, sich zu konzentrieren und mit aller Kraft auf ein Ziel hinzuarbeiten. Sie lernen zu gewinnen und zu verlieren, Freude zu erleben, ohne den anderen auszugrenzen und Ärger oder Misserfolg auszuhalten, ohne aggressiv zu werden. Im Spiel mit ihren Freunden und in der Familie erleben sie sich als Teil einer sozialen Gemeinschaft und lernen, sich nach Spiel- bzw. sozialen Regeln zu verhalten. Sie entwickeln Verantwortung und Solidarität, Rücksichtnahme und Fairness. Und ganz nebenbei schulen Kinder ihre Sinne, trainieren Muskeln, Bewegungsabläufe und Geschicklichkeit. Kinder brauchen die Gelegenheit, Erfahrungen selbst zu machen, Dinge auseinander zu nehmen und wieder zusammen zu setzen, sich auszutoben. Das erfolgt im Spiel mit Gleichaltrigen, in der Familie und manchmal auch zurückgezogen und konzentriert allein“ http://www.kitaspielothek.de/pdf/KiTa-Spielothek_Infoblatt.pdf

Veröffentlichungen

Linda Breitlauch is a member of Design on Mendeley.

MyPress and Lectures

MyPapers

  • „Computerspieldramaturgie - Herausforderung für Medienmanager“. In: Handbuch Medienmanagement, Schriften zum Medienmanagement der Media Design Hochschule, Thomas Dreiskämper, Olaf Hoffjann, Christian Schicha (Hg.), Lit-Verlag, Münster-Hamburg-Berlin-Wien-London-Zürich, 2009, S. 337 – 348.
  • Personal - Zeitschrift für Human Resource Management, Ausgabe 0209, "Serious Games: Spielerisch zum Lernerfolg", S. 40ff, http://www.fachverlag.de/personal/aktuelles.html
  • Titelthema: "Lernen heute" - in: Wissensmanagement, Heft 1 Januar 2009, Wissensmanagement
  • „Lustvoll Lernen – Serious Games in der Weiterbildung“, in: Bildung aktuell Nr. 12, 24.11.2008, Bildung aktuell
  • Dramaturgie der Computerspiele – Analyse und Bewertung von Wirkungspotentialen interaktiven Erzählens im Kontext gestaltungsrelevanter Fragestellungen (Diss.). Potsdam, Hochschule für Film und Fernsehen, 2008.
  • "Games are coming out." in "Quarterly _ Das Trenddossier des Zukunftsinstitutes", 10/2008, Seite 42-45, zukunftsinstitut.de
  • "Die Spielgesellschaft", in: GameStar, 8/2008, Seite 132-134, gamestar.de
  • "Games going society": Computerspiele in der Gesellschaft. In: GameStar/dev 2/2008
  • "Virtuelles trifft Realität." Das IperG-Projekt. In: GameStar/dev 3/2007, S. 68–69
  • Analyseverfahren für Computerspiele als Grundlage zur Konzeption und Entwicklung. In: Quo Vadis. Die Entwicklerkonferenz, Offizieller Reader zur Konferenz vom 09.04–21.04.2007, S. 27–30
  • „Dramaturgie der Ego-Shooter. Strukturen und Funktionen eines umstrittenen Computerspielgenres“. Tagungsband zur 2. Fachtagung NMI 2006, "Neue Medien in der Informationsgesellschaft"
  • „Die Eroberung der Feminae Ludens“ in /GameStar/dev, 2/2006
  • „Dramaturgie: multimedial. Forschung und Lehre auf dem Gebiet der interaktiven Dramaturgie“. Stand und Vortrag auf den „Game Days“ und anschließendem Symposium am Fraunhofer Institut Darmstadt, Mai/Juni 2005
  • „Dramaturgie der Computerspiele“ auf der Entwicklerkonferenz „Quo Vadis“ April 2006, Vortrag und Reader
  • Dramaturgie: multimedial. Wirkungspotentiale interaktiven Erzählens. Vortrag und Veröffentlichung auf der „7. Nachwuchswissenschaftlerkonferenz“ Januar 2006 in Wernigerode

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  • Dramaturgische Beratung bei ca. 30 Kurzfilmprojekten
  • Dramaturgische Beratung bei ca. 20 Spieleprojekten verschiedener Genres
  • "Kinderwache" - eine Internetpräsenz mit Spielen für Kinder - Kooperation der FH Brandenburg mit dem Innenministerium Brandenburg
  • Drehbuch zu einem Spielfilm "Frei und Freier" von Claudia Ziesche (Regie)
  • Drehbuch und Regie "Phantomschmerz", Kurzfilm 20 min